Mobile Datenerfassung mit SAP ERP in der Produktion
Nicht SAP gehört in den Fokus – sondern der Anwender
Die mobile Datenerfassung mit SAP ERP ist im Bereich der Materiallogistik längst eine etablierte Technik. Entsprechend der Anforderung, Produkte immer schneller zu produzieren und zu liefern – und das bei gleichzeitig immer geringeren Lagerbeständen – ist ein effizienter Workflow im Materialfluss unumgänglich. Jetzt kommt dieser Trend auch in der Produktion an. Aber warum so spät und so zaghaft?
Der Trend zur mobilen Datenerfassung kommt nun auch in der Produktion an. Denn es grenzt zweifellos an einen Anachronismus, Produktionsdaten auf einem Beleg zu notieren, um diese dann zu einem späteren Zeitpunkt manuell ins ERP zu übertragen. Im Rahmen einer Produktion gibt es unzählige Möglichkeiten, den Ablauf mit mobiler Datenerfassung zu optimieren: Die einfache Auftragsmeldung, das Erfassen von Chargendaten und Seriennummern im Bereich Rückverfolgbarkeit oder das Registrieren von Merkmalsdaten für eine Qualitätsprüfung. Jeder dieser Abläufe wird effizienter mit einer mobilen Datenerfassung.Wenn das alles aber so einfach ist, warum setzt sich diese mobile Datenerfassung in der Produktion nur recht zaghaft durch?
Es gibt einige Dinge, die generell bei einem Optimierungsprojekt mit mobiler Datenerfassung – insbesondere in der Produktion – zu beachten sind: Der Produktionsmitarbeiter, auch Werker genannt, arbeitet in der Regel anders als der Lagermitarbeiter: Der Werker nutzt die mobile Datenerfassung als Ergänzung.
Andere Ansprüche als in der Logistik.
Der Anspruch an Bedienung und Handhabung der Funktionen unterscheidet sich von den Anforderungen in der Logistik. Der Werker nutzt die mobile Datenerfassung als Eingabe- und gegebenenfalls Informationsplattform. So erfasst er Rückmeldedaten zu einem Auftrag oder bestellt neues Material im Kanban-Ablauf. Er nutzt die Datenerfassung nicht kontinuierlich, sondern nur begleitend zum Erledigen der eigentlichen Aufgabe wie einer Montage oder einer Maschinenbedienung.
Zudem ist das Umfeld in der Produktion oft rauer als im Lager. Der Werker muss Sicherheitsausrüstung, wie Handschuhe und Schutzbrille tragen, was Auswirkung auf seine Handhabungs- und Wahrnehmungsfähigkeit hat. Ein System zur mobilen Datenerfassung muss dies berücksichtigen: Wenn sich der Werker in seiner primären Tätigkeit durch eine mobile Datenerfassung eingeschränkt fühlt,bleibt man lieber bei althergebrachten Methoden wie Papier und Bleistift.
Beliebter Fehler bei mobilen Produktionsprojekten
Einer der Kardinalfehler beim Umsetzen eines Projektes zur mobilen Datenerfassung in der Produktion: Der Blick auf die Produktionsabläufe erfolgt durch die SAP-Brille. Bei dieser Sichtweise stehen oft die Daten im Vordergrund – und nicht der Anwender samt seinen besonderen Anforderungen. Das Ergebnis sind Workflows, die sich an den Buchungsverläufen im SAP ERP orientieren und nicht die eigentliche Tätigkeit des Anwenders beachten. Das funktioniert in einer Büroumgebung noch recht gut. Auch sind mobile Anwendungen im Außendienst oder vielleicht noch in der Logistik nicht ganz so anspruchsvoll hinsichtlich der Darstellung und Eingabe der Daten. Die Informationsversorgung und die Eingabe der Daten innerhalb eines Produktionsprozesses muss aber zur Tätigkeit des Werkers passen. Tun sie dies nicht,kann es passieren, dass die Werker die mobile Datenerfassung boykottieren. Entscheidend ist, dass der Werker die für seine Arbeit wichtigen Informationen schnell abrufen und gut lesen kann –und das auch unter sich ändernden Lichtverhältnissen. Die Eingabe der Daten (Rückmeldung) muss einfach sein,die Form der Eingabe muss sich an den Möglichkeiten des Werkers orientieren(Handschuhe). Letztlich muss der Workflow (Dialog- und Eingabereihenfolge) zum Prozess passen.
Der mobile Workflow orientiert sich am Prozess.
Problematisch ist es beispielsweise, wenn ein Werker in einem Stahlwalzwerk die Dialoge per Eingabestift auf einem Touchscreen steuern soll. Auch ist die derzeit hochaktuelle Wischtechnik der Fiori-Apps nicht die optimale Wahl im Stahlwerk. SAP bietet eine Vielzahl von Werkzeugen zum Erstellen von mobilen Anwendungen an, je nach Anforderung: Der SAP-ERP-Standard bietet einige Transaktionen für die mobile Anwendung auf der Basis des SAP-Produktes ITS-Mobile an. Jedoch beziehen sich diese Dialoge auf die Logistik – und nicht auf die Produktion. Mit der SAP-Fiori-Strategie existiert eine Vielzahl von mobilen Apps für den administrativen Bereich. Darüber hinaus gibt es die SAP BSP-Technik oder auch die Komponenten der SAP mobile Solution. Neben diesen Standardplattformen existieren verschiedenste proprietäre Systeme für die Erstellung von mobilen Anwendungen mit SAP ERP.
Individuelle Entwicklung versus Standardprodukt
Aus diesem Sammelsurium an Entwicklungsplattformen und Architekturen bedient sich der Berater und entwickelt in der Regel die mobilen Workflows für die Produktion kundenindividuell. Im Gegensatz zu einem Standardprodukt steckt in einer individuell entwickelten Lösung das konkrete Wissen des Beraters und idealerweise des Projektteams. In einer Standardlösung hingegen befindet sich das Wissen einer verbreiteten Anwendung, die jedoch nicht immer das Spezifische trifft. Bewährt haben sich Anwendungen, die aus einem Standardkern bestehen und entsprechend per Customizing auf die Anforderung hin zugeschnitten werden. Je nach Produktionsprozess sollte auch die Hardware ausgewählt werden. Ein iPad ist hier sicher nicht immer die erste Wahl. Die Hersteller von produktionstauglichen mobilen Endgeräten tun sich umgekehrt jedoch schwer, sich am aktuellen Stand der Technik zu orientieren. Natürlich hat jeder namhafte Hersteller ein Gerät mit einem aktuellen Betriebssystem und einem aktuellen Browser im Angebot, aber der Großteil des Produktspektrums ist noch nicht auf aktuellem Stand. Die Leistungsfähigkeit eines modernen Smartphones ist hier nicht gegeben. Tatsache ist, dass sich moderne UI5-Anwendungen auf einer älteren Hardware schwer tun. Wenn kein HTML 5-fähiger Browser zur Verfügung steht, läuft auch keine Fiori-App. Diese Mindestvoraussetzung muss also gegeben sein.
Einfaches Mapping von SAP-Dialogen zu wenig
Mobile Anwendungen in der Produktion helfen, die Abläufe zu optimieren. Jedoch ist zu beachten, dass die Produktion spezielle Anforderungen an Darstellung und Bedienung der mobilen Funktionen hat. Ein einfaches Mapping der SAP-Standard Terminaldialoge auf eine mobile Anwendung wird im Produktionsumfeld nicht funktionieren. Im Gegensatz zur Logistik gibt es im Produktionsumfeld keine festen Standardfunktionen. SAP bietet Entwicklungsplattformen für die Erstellung von mobilen Applikationen. Jedoch ist man hier auf die eigenen oder die Kenntnisse des beratenden Unternehmens angewiesen. Die Hardware für die mobile Datenerfassung in der Produktion sollte sich ebenfalls am Umfeld orientieren. Hier ist aber eine genauere Marktrecherche ratsam, denn nicht jede Hardware ist für die gewählte SAP-Technologie (Fiori) geeignet.