Kundenservice erhöhen und Bestände senken

Der Haustechnikspezialist Tobler hat ein ehemaliges Postverteilzentrum zu seinem Zentrallager umgebaut. Die Schweizer konnten so den Kundenservice und ihre Bestände senken. Zum Einsatz kommt hier die Datenfunktechnik der IGH.

Unbenannt

Die gelben Lkw sind Vergangenheit im schweizerischen Däniken. Wo vor einigen Jahren noch Päckchen und Briefe der Post lagerten und auf ihre Auslieferung warteten, füllen heute Rohre und Heizsysteme auf mehreren Ebenen das ehemalige Postverteilzentrum. Aber noch immer sprechen einige Einheimische vom Postzentrum, wenn sie das neue Zentrallager der Tobler Haustechnik AG meinen.
Doch das Innenleben des über 250 m langen und 100 m breiten Gebäudes, das seit 2009 dem Schweizer Haustechnikspezialisten Tobler gehört, hat mit dem ehemaligen Postverteilzentrum nur noch wenig gemeinsam. Innerhalb von sechseinhalb Monaten baute der neue Besitzer das Versandzentrum zu einem modernen Zentrallager um. Hinter dem Erwerb und dem Umbau der Immobilie stand ein Wachstumsproblem und damit einhergehend ein Strategiewechsel in der Logistik des Unternehmens. Das ehemalige Postverteilzentrum wurde zu einem modernen Logistikzentrum umgebaut. Die Schweizer wuchsen zu schnell. Die im Jahr 2000 eingeführte Logistikstruktur aus sechs regionalen Standorten war auf einen Umsatz von 250 Mio. CHF ausgelegt. Acht Jahre später erwirtschaftete das Unternehmen bereits 380 Mio. CHF. Die Logistiker kämpften mit Engpässen. Deshalb mieteten die Verantwortlichen zunächst Lagerflächen zu und zentralisierten vereinzelt Sortimente. Doch die Probleme blieben.

Neue Logistik mit Swisswind

Neben Kapazitätsengpässen belasteten hohe Transportkosten zwischen den Lagerstandorten und überhöhte Bestände durch dezentrale Lagerhaltung ohne verbesserte Materialverfügbarkeit die Bilanz der Eidgenossen. Gleichzeitig erhielten die Kunden oft Teillieferungen aus den verschiedenen Standorten. Die Tobler Logistik brauchte eine grundlegende Modernisierung. „Swisswind“ hieß die unternehmensinterne Projektgruppe, die die Transformation der Logistik verantwortete. Sie zogen die Logistik völlig neu auf. Das Ziel dabei war klar: Zentralisierung. Die gesamte Schweiz – mit Ausnahme des Tessins, das ein eigenes Logistikcenter behalten sollte – sollte aus dem neuen Zentrallager beliefert werden. Um die zuverlässige Belieferung der Kundschaft und der knapp 40 Abholshops am Tag nach Bestelleingang sicherzustellen, setzt das neue Konzept auch auf verschiedene Verteilplattformen, die mit dem Zentrallager über ein Shuttlesystem verbunden sind.
Im Mai 2008 einigten sich Tobler und die Schweizer Post über den Erwerb des Verteilzentrums Däniken und im Juni begannen die ersten Umbauten. Auch die Post strebte ihrerseits eine Zentralisierung an. Das Areal schien ideal für die Bedürfnisse von Tobler. Das Logistikzentrum liegt im Mittelland, direkt an der Hauptverkehrsachse A1 und vom neuen Standort aus können sowohl Kunden als auch die Tobler Abholshops nördlich der Alpen zuverlässig beliefert werden.
Doch allein mit dem Erwerb des Zentrallagers war das Projekt nicht abgeschlossen. Die Außenhülle war die Pflicht, der Innenausbau sollte die Kür für das Projektteam werden. Denn die auf einen KEP-Dienst ausgelegte Versand- und Sortiertechnik war unbrauchbar für den Haustechnikspezialisten. Die Intralogistiklandschaft von Tobler basiert auf drei Stockwerken mit insgesamt 45.000 Lagerplätzen (16.000 Palettenplätze, 28.000 Tablarplätze und 1.000 Plätze im Kragarmregal sowie Blocklager) auf 35.000 m² Lagerfläche. Im Untergeschoss sind 26 Rampen für den Warenausgang sowie die entsprechenden Bereitstellungsflächen für die direkte Auslieferung an die Kundschaft sowie die Weiterleitung der kommissionierten Lieferungen an die Verteilplattformen. Gleichzeitig befindet sich im Untergeschoss noch ein Palettenlager. Der Wareneingang kann für diese Waren ebenfalls im Untergeschoss erfolgen, um unnötige Wege zu vermeiden. Im Erdgeschoss befindet sich das Kleinteilelager mit über 20.000 Plätzen, sozusagen das Herzstück des Zentrallagers. Über 60 Prozent der Rüstleistung von etwa 10.000 Positionen täglich kommt aus diesem Bereich. Hier befindet sich außerdem ein Palettenlager sowie ein imposantes Langgut und Blocklager auf über 100 Meter Länge. Auch der Wareneingang kann direkt im Erdgeschoss erfolgen. Im Obergeschoss ist nochmals ein Palettenlager untergebracht.

Das ehemalige Postverteilzentrum wurde zu einem modernen Logistikzentrum umgebaut.

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235 t Palettenregale

Neben der Einrichtung der Lagerplätze wurde die Bodenlast erhöht. Außerdem investierte Tobler in neue Treppenhäuser, drei Schwerlastaufzüge, zwei Palettenlifte und in ein Paketförderband, um eine zu-verlässige Verbindung zwischen den verschiedenen Lagerzonen sicherzustellen. Innerhalb von sieben Wochen wurden 235 t Palettenregale, 90 t Fachbodenregale sowie 40 t Kragarmregale angeliefert, montiert und mit Barcodes versehen. Tobler arbeitet im neuen Lager aufgrund des breiten Produktspektrums von über 20.000 Artikeln mit dem „Mann zur Ware“-Prinzip. „Der Mitarbeiter wird dabei wegeoptimiert durch den Rüstprozess geführt. Kleinteile werden über ein Förderband zum Warenausgang geleitet“, sagt Alexander Ritter von Weinzierl, Gesamtprojektleiter bei Tobler. Er und seine Kollegen informierten die Mitarbeiter frühzeitig über die neuen Logistikstrukturen und bevorstehenden Prozessveränderungen.„Dennoch war die Zentralisierung für viele Mitarbeiter hart. Wir haben alles darangesetzt, so viele Mitarbeiter wie möglich mit in die neuen Strukturen zu übernehmen und waren darin sehr erfolgreich“, berichtet der Projektleiter. Die Kollegen, die mit nach Däniken gingen, profitieren heute auch von modernsten IT-Lösungen. Als „nicht minder komplex als den Stahlbau“ bezeichnet er rückblickend die IT-Anbindung. Als Lagerverwaltungssystem nutzen die Schweizer SAP. Eine Zusatzapplikation ermöglicht das beleglose Arbeiten mit Handscannern. Dafür installierten Techniker über 100 Antennen für eine vollständige WLAN-Abdeckung über die gesamte Lagerfläche. Größter Profiteur des neuen Logistikzentrums sind die Kunden. Durch die zentrale Lagerhaltung können heute auch selten bestellte Artikel ins Sortiment aufgenommen. Aus einer zentralen Quelle können die Kunden noch zuverlässiger an ihr Domizil oder direkt auf die Baustelle beliefert werden. Auch der Finanzvorstand des Unternehmens darf sich freuen: Die Investitionen führten zu einer deutlichen Senkung der Bestände und der Kapitalbindung. Das Unternehmen kann dank seines neuen Zentrallagers weiter wachsen, auch wenn man in Däniken teilweise noch vom alten Postverteilzentrum spricht.

Tobler

Die Tobler Haustechnik AG, ein Mitglied des international tätigen Wolseley Konzerns, ist ein Haustechnik-Großhändler in der Schweiz und bietet über 5.000 Installateur-Kunden ein Sortiment von rund 60.000 Artikeln an. Mit sechs Regionalcentern und insgesamt 40 Verkaufspunkten – sogenannte Tobler-Marchés – ist Tobler in der gesamten Schweiz vertreten. Die Tobler-Gruppe, zu der mit der Tobler System AG ein Kompetenzzentrum für Systemtechnik und mit der Sixmadun AG auch eine führende Serviceorganisation für Wärmeerzeuger gehört, beschäftigt gegenwärtig 750 Mitarbeiter und erzielte im Geschäftsjahr 2009/2010 einen Umsatz von rund 370 Mio. Schweizer Franken.